Hintergrund
Der demographische Wandel ist zu einer globalen Herausforderung geworden. Die Alterungswissenschaft (Gerontologie) beschäftigt sich mit sozialen, historischen, kulturellen Aspekten des Alterns des Menschen, und auch in der Medizin hat sich eine selbstständige medizinische Fachrichtung, die Altersmedizin (Geriatrie) entwickelt. Dafür sind in den vergangenen Jahren spezifisch geriatrische Versorgungsstrukturen aufgebaut worden. Diese Einrichtungen behandeln das Gebrechlichkeitssyndrom (Frailty), Fehl- und Mangelernährung, Immobilität und chronische Schmerzen, sowie Polypharmazie (Medikation), kurz geriatrische Multimorbidität. Diese oft komplexen Vorerkrankungen können bei Operationen den Körper kritisch aus dem Gleichgewicht bringen. Vor allem, weil 70 Prozent aller Patienten über 70 auch noch zwei und mehr verschiedene Medikamente einnehmen. Alte Menschen leiden also unter verschiedensten Erkrankungen, insbesondere auch solchen des Bewegungsapparates.
Relevanz in der Orthopädie
Erkrankungen der Bewegungsorgane, beispielsweise Arthrose, Osteoporose, Wirbelsäulenerkrankungen treten gerade beim alten Menschen sehr häufig auf. Eine geriatrische Therapie erfolgt in der Regel erst nach einer orthopädischen Behandlung. Mit den auf Alterskrankheiten ausgerichteten Behandlungskonzepten wird der alte Patient in geriatrischen Abteilungen von Akut-, Rehabilitations- und Tageskliniken behandelt. Geriatrische Patienten finden sich jedoch in allen medizinischen Fachbereichen, insbesondere auch in der Orthopädie.
Operationen
Durch die minimalinvasive Chirurgie sind Operationen an Rücken oder Gelenken auch bei älteren Menschen in den letzten Jahren deutlich sicherer geworden. Risikofaktoren aber bleiben: Erkrankungen, wie Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Herzprobleme und die regelmäßige Einnahme unterschiedlichster Medikamente können den Heilungsprozess ganz erheblich beeinflussen.
Bereits im Rahmen der ambulanten Vorstellung wird ein gezieltes Auswahlverfahren eingesetzt, um Patienten mit internistischem Behandlungsbedarf herauszufinden. Es hat sich gezeigt, dass es sich keineswegs nur um ältere Patienten handelt, sondern die Sicherheit für die orthopädische Behandlung auch bei jüngeren Patienten mit internistischen Vorerkrankungen wichtig ist. Mit einem speziellen Konzept gelingt eine optimale Nutzung aller Ressourcen, um das Ziel, die Mobilität wiederherzustellen und die Fähigkeit zur aktiven und selbstständigen Lebensführung zu fördern.
Umsetzung hakt
Dieser interdisziplinäre Gedanken überbrückt die Grenzen klassischer medizinischer Fachbereiche. Es könnte den Ärzten ermöglichen, künftig besser als bisher bei der Behandlung älterer Orthopädie-Patienten auf eventuell vorhandene internistische Vorerkrankungen optimal zu reagieren. Dies hat auch der G-BA auf Bundesebene erkannt.
Voraussetzung für die Umsetzung wäre die Aufnahme der Behandlungseinrichtung als akutgeriatrische Behandlungseinrichtung im Krankenhausplan der Länder, um eine Versorgung unter einem Dach zu gewährleisten.
UPDATE OKOTOBER 2021
Überrollen die Babyboomer in 20 Jahren die Orthopädie? | DGOU
WEISSBUCH Alterstraumatologie und Orthogeriatrie (Mit-Autor Prof. Haasper)
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